Hallo,
ich möchte euch meine traurige Geschichte erzählen.
Bitte nur weiterlesen wenn ihr euch stabil fühlt.
Bis zu meinem sechsten Lebensjahr fühlte ich mich eigentlich zufrieden. Ich ging gerne in den Kindergarten, und später zur Schule, der Kontakt zu gleichaltrigen machte mir Spaß, ich war ein lernfreudiges Kind.
Ich hatte zwei Freundinnen, die mir im Gedächtnis geblieben sind und mit einer von beiden hatte ich auch in der ersten Klasse regemäßigen Kontakt, sie wohnte nur ein paar hundert Meter von mir entfernt, sodass wir uns regelmäßig besuchten. Wir spielten auch sehr viel miteinander, wobei ich den Eindruck habe, ich war eher der passivere Part.
Irgendwann feierte ich meinen Geburtstag, die besagte Freundin machte einen Aufstand. Sie war beleidigt und stellte sich quer und fing an zu weinen. Ich wollte es ihr Recht machen und sie zum mitspielen bewegen, ergründen was ihr Problem war wenn es denn eins gab, aber leider ging es einfach mit ihr durch. Dann kam mein Vater ins Spiel. Er stellte sie in einem anderen Raum zusammen mit mir zur Rede und vor ein Ultimatum, sie solle sich zusammenreißen oder nachhause gehen. Im Nachhinein betrachtet hatte dieses Ereignis dazu geführt, dass er ein schlechtes Bild von ihr hatte und mich vor ihr schützen wollte und mir eines Tages sagte, er wolle nicht dass ich mit ihr Kontakt habe. Ich wurde dann irgendwann auch misstrauisch ihr gegenüber und schaffte es einfach nicht, eine stabile Beziehung zu ihr aufrecht zu erhalten, sodass es in meiner Kindheit eigentlich nie wirklich Freundschaften gab, die länger als ein oder zwei Jahre gedauert hätten.
Meine Mutter verbot uns auch, bei anderen zu übernachten. Ich habe vielleicht in meiner gesamten Kindheit maximal 10 mal irgendwo anders übernachtet, also bis ich 18 Jahre alt war.
Es gab Hausarest für zwei Wochen, wenn ich mit einem Cityroller auf der Straße herumfuhr, und dabei muss man wissen, dass in unserem Wohnort praktisch kein Verkehr existiert hat. Meine Eltern waren einfach viel zu übervorsichtig.
Ich musste immer total pünktlich sein, sonst drohte mir ein regelrechtes Verhöhr und mindestens zwei Wochen Hausarest.
Als ich 6 oder 7 war, starb mein Großvater. Er hatte meinen Eltern immer Struktur gegeben und die Arbeiten rund um das Haus verteilt, und auch die Oberhand über die Finanzen was die Wohnkosten angingen, da ihm das Haus gehörte in der wir lebten.
Sein Tod ließ meine Eltern in ein absolutes Chaos stürzen. Meine Mutter begann, am Abendessenstisch über die Rechungen zu klagen, meine Eltern stritten sich über finanzielle Probleme, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, wie es uns dabei ging. Ich fing irgendwann an, mich nicht mehr zu trauen mich satt zu essen, weil meine Mutter "nicht mehr wusste wie ich noch etwas zu essen bezahlen soll".
Irgendwann stritten sich meine Eltern gefühlt täglich, lautstark und über Dinge, die man eigentlich nicht vor seinen Kinden besprechen sollte.
Als ein paar Jahre später dann meine Tante starb, bei der ich häufig auch die Nachmittage verbrachte wenn meine Mutter arbeiten musste, war meine Mutter scheinbar total überfordert. Ich erinnere mich dass sie sehr oft gereizt und abweisend mit mir umgegangen ist, und nach der Arbeit auch häufiger wieder von zu hause weggefahren ist, wahrscheinlich um sich abzulenken. Mein Vater zog sich eigentlich komplett aus der Verantwortung zurück. Er war zwar anwesend, aber kapselte sich ab indem er sich vor dem Fernseher ablenkte, während meine Mutter auf der Arbeit war. Irgendwann sprach er mit uns dann auch darüber, dass er nicht mehr leben will.
In der 5. Klasse merkte ich allmählich, dass ich mich noch mehr verändert hatte. Meine Schulleistungen wurden schlechter, vor allem, nachdem ich dann auch noch gemobbt worden bin. Die Mobber entschuldigten sich zwar eines Tages aufrichtig bei mir und das Thema war geklärt, aber blöderweise sollte es mir zwei Jahre später wieder so ergehen. Diesmal waren es Leute aus meinem Wohnort, mit denen ich mich anfänglich sogar nahezu angefreundet hatte, die sich aber urplötzlich gegen mich wandten.
Mit 14 wurde es dann unerträglich. Meine Schwester, wir hatten eigentlich ein gutes Verhältnis, lernte ihren ersten Freund kennen. Wir waren fast wie Zwillinge, die schlimmen Umstände zu hause schweißten uns nahe zusammen, und wir schworen uns, dass wir immer füreinander da sein wollten. Sie hielt es zuhause auch nicht mehr aus und war dann irgendwann höchstens am Wochenende für ein paar Stunden zu besuch, und manchmal selbst das nicht. Vorher hatten wir jeden Tag miteinander Zeit verbracht, sie war lange Zeit in meinem Leben die Einzige Bezugsperson, zu der ich vertrauen und ein liebevolles Verhältnis aufbauen konnte. Ich fühlte mich so verlassen, dass ich in ein tiefes Loch stürzte, mich zurückzog, immer stiller wurde und mich in PC-Spiele flüchtet, zum Nachteil meiner Noten. Nichts ergab mehr einen Sinn.
Mein erster Freund war Alkoholiker und hatte eine Psychose, ebenso erlitt mein Vater zur selben Zeit auch eine. Schon wieder war ich fertig mit den Nerven und hatte das Gefühl, für beide da sein zu müssen und meinen Freund nicht im Stich lassen zu können. Mein Freund hat mehrmals vor meinen Augen mit einem Messer gedroht, sich töten zu wollen, die ständige Trunkenheit und seine Verzweiflung durch die Psychose haben mir stark zugesetzt. Einmal war er so betrunken, dass er auf einer Party total aufällig und beleidigend wurde und mich festhielt. Hinter mir standen Glasflaschen und ich hatte eine riesige Panik bekommen, ob er nicht aus mangelnder Körperkontrolle mich auf diese Falschen schubsen könnte. In der Situation kam ich mir total machtlos vor, ich begann zu weinen und schrie dass er mich loslassen soll, was er dann erst tat, nachdem ein anderer Partygast dazu kam und ihn zur Vernunft bringen wollte. Dieses Ereignis hat mich wirklich geschockt. Ich war Tage danach noch in einem Zustand, als ob ich in einer Blase leben würde.
Mein Abitur schaffte ich zum Glück, aber als ich ausziehen wollte um zu studieren haperte es finanziell. Ich begann eine Ausbildung im Labor. Meine Mutter weigerte sich, meinen Schülerbafög antrag zu unterschreiben, und ich hatte jeden Tag einen Anfahrtsweg von mindestens 3 Stunden zu bewältigen. Ich konnte es nicht verstehen, warum meine Mutter mir nicht helfen wollte. Auch das Thema Führerschein stieß bei meinen Eltern auf Taube Ohren. Es hieß immer, es sei kein Geld da, aber mein Vater kaufte sich weiterhin alles, um seine Kaufsucht zu befriedigen. Ich war 18, allen um mich herum wurde es ermöglicht, selbstständig zu werden, zu reifen, doch mir wurden Steine in den Weg gelegt. Irgendwann hab ich die Ausbildung dann abgebrochen und bin in eine andere Stadt gezogen, hab mit meinem Freund schluss gemacht und ein FSJ im Krankenhaus begonnen.
Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter jemals mit mir gespielt hat. Mein Vater hat sich ab und zu Geschichten für uns ausgedacht und sie uns vor dem Schlafengehen erzählt, wenn er nicht gerade einen schlechten Tag hatte und uns unter der Drohung, uns den Hintern zu versohlen, ins Bett geschickt hat. Mehrmals ist er ins Zimmer gekommen und hat uns geschlagen, weil meine Schwester und ich im Bett noch geredet haben.
Natürlich gab es auch schöne Momente, und Zeiten, in denen ich geachtet und gut behandelt wurde, aber alles in allem muss ich leider sagen, dass mir meine Kindheit im Nachhinein so vorkommt, als ob sie mich nachhaltig geschädigt hat. Ich bin jetzt Mitte zwanzig, studiere, habe seit ein paar Monaten Freunde gefunden, aber ich erkenne keinen Sinn mehr im Leben.
Irgendwie fühle ich mich, als ob da eine Wand zwischen mir und der Welt wäre. Irgendetwas hat sich in mir dermaßen verändert. Ich erkenne mich selbst nicht mehr, ich war mal ein lebensfroher Mensch. Es fühlt sich an, als wäre ein Teil von mir gestorben.
Was kann das sein?
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Hi blubb
Was ne Geschichte...wow.
Vielleicht brauchst du mal ein neues Hobby? Stricken hilft! Oder Basteln.
Ich geh ja in meiner Arbeit so richtig auf. Dabei lernen Achsam zu sein. Dann bekommt jede Handlung eine tiefe Bedeutung.
Achtsam sein kann dir echt die Lebensfreude zurückgeben.
Putzen kann man auch zuhause, also die Freude nimmt kein Ende ich sags dir. Einfach mal ausprobieren
Ansonsten ja...Therapie anfangen oder Beratungsstelle, da gibts ganz tolle Menschen die nur für dich da sind und deine Geschichte.
Alles Gute wird schon werden. Immer Vorwärts schauen.
Grüsse aus dem Norden
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hi blubb,
kennst du die Angst sich freuen zu dürfen?weil es könnte, ja schnell wieder verloren gehen.
ich habe davon mal gehört, wenn man lange Zeit viel Schlechtes erlebt hat,dass man sich nicht traut,auch Freude zu akzeptieren.
Ich weiss nicht,warum,das so ist, die Freude könnte halt nur kurz da sein,ich kann sie nicht dauerhaft festhalten.
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Hallo Sophie, Hallo Nick.
Danke für eure Antworten.
Eine Therapie werde ich auf jeden Fall machen, wenn die ewige Wartezeit dann endlich verstrichen ist, die man in meiner Stadt scheinbar derzeit leider hinnehmen muss.
Es könnte wirklich sein dass ich mich gar nicht mehr traue mich zu freuen.. interessante Ansicht, die du hast, Nick. Zu viel Angst vor Enttäuschung
Schönen Abend euch beiden noch
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